Aus einem Impulsreferat einer "Zukunftskonferenz"


Handlungsfeld "Stadt am Rhein"


von Elke Ukas


Wasser ist Leben. Wir leben in Städten und liegt eine solche Stadt am Wasser, so ist sie deshalb noch lebenswerter. Wer wollte das ernsthaft bestreiten? Heidelberg liegt am Neckar, Frankfurt am Main oder Düsseldorf am Rhein. Dort fließen die Flüsse allerdings  d u r c h die Stadt. Es entstand Lebensqualität an urbanen Flussufern. Karlsruhe liegt insofern eben nicht am Rhein, zumindest nicht mit seinem Stadtkern. Der Besucher von Westen sieht Raffinerien, Müllberge Windräder, rauchende Schlote und Kraftwerke. Optisch nicht gerade eine Einladung. Der Rhein ist in unserem Bewusstsein nahezu ausschließlich Mittel zum Zweck: Schifffahrtsstraße  oder Hafenbecken. Dazu haben wir ihn in ein enges Bett gezwungen und nur bei Hochwasser wird er wirklich wahrgenommen – als Bedrohung, aus Angst er könne uns überfluten.

Historisch gesehen gibt es keine Orientierung vom Stadtzentrum zum Rhein. Dadurch hat Karlsruhe zunächst eine andere Ausgangslage als andere Städte an einem Fluss. Der Rhein liefert dort draußen Energie, die wirtschaftlich genutzt wird. Doch welche Energie kann er den Menschen liefern, auch wenn sie nicht in barer Münze zu beziffern ist?

Wenn Karlsruhe sich als eine Stadt am Rhein definieren möchte, muss sie sich zunächst als eine solche verstehen. Dann, und erst dann machen ernsthafte Überlegungen, wie das Land dazwischen genutzt und die Stadt mit dem Fluss verbunden wird, einen Sinn

„Stadt – Land – Fluss“ könnte als roter Faden dienen und eben jene Impulse liefern, die Stadt und den Rhein mit dem dazwischen liegenden Land als eine Symbiose zu begreifen. Noch dazu hat eine Stadt am Fluss nicht nur mehr Lebensqualität sondern einen erheblich höheren „Marktwert“ für Einwohner, Familien, den Tourismus und nicht zuletzt für Neubürger..

 

Es gibt viele Gründe dafür, Karlsruhe als eine Stadt am Rhein begreifbar zu machen, sie müssen nur deutlich benannt werden.

Die gekappten Rheinauen als Reste einer einzigartigen Fluss-Landschaft stellen einen großen Teil dieses Potenzials dar. Die Räume zwischen Innenstadt und Rhein mit ihren landwirtschaftlichen Flächen und Streuobstwiesen, die verbindende Alb sowie das Hofgut Maxau, die Rheinhäfen, das Rheinstrandbad, der Yachthafen Maxau und die ehemaligen Fischerdörfer Daxlanden und Knielingen sind Teile dieses Potenzials. Der Pamina-Park als deutsch-französischer überregionaler Tourismusverbund, das Naturschutzzentrum in den Rheinauen und das integrierte Rheinprogramm – für manche sind dies nur Begriffe, die aber real viel zu wenig im Karlsruher Stadtleben und im Bewußtsein existieren. Denn die Verknüpfungen mit diesen Potenzialen fehlen. Die Chance der Stadt Karlsruhe, sie herzustellen hat sie mit dem Rückzug aus der Bundesgartenschau 2015 vorerst vertan. Dabei muss es nicht bleiben.

 

Wie sehen gegenwärtigen Entwicklungen aus? Wie gehen andere Städte mit dem Thema Wasser um?

Städte und Kommunen suchen den Zugang zum Wasser und eine Stadtentwicklung am Wasser. Leben am Wasser bedeutet Naherholung, Freizeitwert, Abbau von Grünraumdefiziten. Der Marketing-Aspekt ist nicht zu unterschätzen. Aber als Priorität haben die Menschen einen Anspruch auf eine lebenswerte Stadt und auf Freiräume, die die Funktionen von Naherholung, einer gesunden Umwelt und sozialer Einbindung erfüllen.

Viele Bewerberstädte um die Landesgartenschauen für die Jahre 2009 bis 2014 in Baden-Württemberg haben das Leben am Wasser zu ihrem Thema gemacht.

Beispielhaft dafür ist ein „Rhein-Uferpark“ für Waldshut-Tiengen, „das Gesicht einer Stadt am Wasser“ für Eberbach oder „Neckar bringt Leben in die Stadt“ für Villingen-Schwenningen zu nennen.

Die Stadt Ladenburg hat im Jahr 2005 die Neckarwiesen mit der Innenstadt verknüpft, einen Neckarstrand neu geschaffen und Gastronomie am Neckar innerhalb eines „kleinen Grünprojektes“ als kleiner Bruder einer Landesgartenschau geschaffen.

Das bekannte Naturschutzgebiet des Taubergießen – der Rheineinschluss zwischen Schwarzwald und Vogesen ist seit Jahrzehnten eines der bedeutendsten Naherholungsgebiete am Rhein.

Die Speicherstadt Hamburg positioniert sich als urbane lebendige und grüne neue Wohnstruktur an der Elbe und Frankfurts Rheinufer sind längst eine Kulturmeile geworden. Das Bild einer Stadt am Fluss ist so vielfältig, es muss nur ins Bewusstsein der Menschen gelangen.

Erst wenn es in den Köpfen angekommen ist können Planung und Umsetzung folgen.

Wie kann man nun die genannte Chance einer Verknüpfung der Stadt mit dem Fluss durch das vermittelnde Land als „Stadt am Rhein“ doch noch weitgehend realisieren?

 

Es ist das Begreifen der Bedeutung „Wasser ist Leben“. Daraus leiten sich viele Anregungen und Impulse ab: Lebensqualität, Lebensgrundlage, lebenswert.

Leben am Wasser ist gut für die Sinne: riechen, hören, sehen, fühlen.

Spielen, baden, reinigen, sich reinigen – die Seele reinigen durch spazieren gehen und Radfahren. Wassersport wie paddeln, Boot- und Kanufahrten, Relaxen beim Sitzen am Wasser oder angeln.

Die Worte mit er: erfahren, erholen, erleben, erspüren, erlernen sind bestens mit dem Element Wasser zu verknüpfen.

Wege zum Erleben einer Rheinpromenade, die Rheinauen, die Naturräume, Kunst, Natur- und Kulturpfade können Anknüpfungspunkte sein.

Leben und Arbeiten am Wasser ist denkbar bei der Umnutzung von Bebauung im Rheinhafen. Wohnen in einem Loft mit Blick auf den Rhein und umgebender Naherholung – Karlsruhe kann sich glücklich schätzen über so viel Potenzial zu verfügen – wenn es nur aktiviert wird.

 

Die große Chance der Stadt Karlsruhe ist das Verzahnen von Flächen, um die Brücke „Stadt-Land-Fluss“ zu erleben – zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Auto, zu Wasser. Die Vernetzungen sollten verbunden sein mit Elementen, die das Auge und die Sinne freuen, sie sollen interessant sein - sollen interessieren.

„Stadt-Land-Fluss“ wäre nicht nur als Vernetzung untereinander sondern muss auch als Brückenschlag in die Pfalz und das Elsaß verstanden werden. Der Nachbar Frankreich eine halbe Autostunde entfernt – als lebensfroh und genußfreudig bekannt – würde vielleicht gerne von dem Naherholungsangebot am Rhein profitieren.

 

Die Visionen für Karlsruhe müssen aus einem Prozess abgeleitet werden. Das Einbeziehen der Bürger und Bürgerinnen und die Transparenz von Planungen sind Voraussetzung für eine Akzeptanz und dies bedeutet Identifikation mit einer Stadt. Die Büga (Bürgerinitiative Gartenschau) hat nicht locker gelassen, die Chance als Stadt am Rhein immer wieder zu fordern.

Karlsruhe als Stadt am Rhein ohne Vision ist undenkbar. Vision kommt von sehen. Und wer das Potential am Rhein nicht sieht ist blind.

Will sich Karlsruhe als Stadt am Rhein positionieren – derzeit ist sie wohl mehr durch den KSC und die A5 bekannt – dann hat sie auch die „Konsequenzen“ zu tragen.

Eine Chance tut sich auf für eine Stadt um „mit Recht“ sagen zu können :„wir leben am Rhein“.



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